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07.05.2021
Die Ehrung ist für sie eine große Motivation
Lohnerin Ursula gr. Holthaus erhält das Bundesverdienstkreuz/Hubertus Heil überreicht den Orden in Berlin

Ursula „Ulla“ große Holthaus aus Lohne hat am Dienstag das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland erhalten. Hubertus Heil würdigte das vielfältige Engagement der Vorsitzenden des Runden Tisches für Integration und Völkerverständigung, die „maßgeblich zur Förderung des Gemeinschaftssinns der Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt Lohne“ beitrage. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales überreichte gr. Holthaus, die von ihrem Mann Günter begleitet wurde, zusammen mit drei weiteren Geehrten das Bundesverdienstkreuz. Die feierliche Zeremonie in Berlin wurde per Livestream auf der Webseite des Bundesministeriums öffentlich übertragen.

Diese Redaktion erreichte die 71-Jährige am Dienstagnachmittag während der Anreise per Bahn in die Bundeshauptstadt. Die Lohnerin berichtete, dass sie um den 1. April herum einen Anruf aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales erhalten habe. Anfangs sei sie deshalb davon ausgegangen, dass sich jemand einen Scherz mit ihr erlaube. „Ich habe eigentlich nur Ja und Nein gesagt, um niemandem Stoff zu geben, sich über mich kaputt zu lachen.“ Nach dem Gespräch rief sie die Nummer zurück und es meldete sich die Zentrale in Berlin. „Erst zu diesem Zeitpunkt wusste ich, dass es wirklich stimmt.“

Die Lohnerin erzählte, dass sie nicht genau wisse, wer sie für diese hohe Auszeichnung vorgeschlagen habe. Vor 14 Tagen sei ein Filmteam aus Berlin in Lohne gewesen, um mit einigen Weggefährten von gr. Holthaus wie Ali Boydak oder Werner Steinke einen Film zu drehen. Dieser Videobeitrag wurde während der Zeremonie gezeigt.

Um die Ehrung hatte gr. Holthaus lange ein Geheimnis gemacht. „Ich habe erst im Zug meine Mitstreiter vom Runden Tisch informiert“, sagte sie. Auf die Frage, was die Auszeichnung mit dem Verdienstorden für sie bedeutet, sagte gr. Holthaus. „In erster Linie motiviert es mich, mich noch stärker dafür einzusetzen, Migrantinnen und Migranten in die Mitte der Gesellschaft zu holen.“ Es sei ihr ein Anliegen, Flüchtlingen das Ankommen in Deutschland zu erleichtern. Die Lohnerin sagte, sie wolle sich für die Einrichtung eines kommunalen Friedhofs einsetzen, damit Muslime, die in Lohne heimisch geworden seien, nach dem Tod nicht mehr in ihren Heimatländern beerdigt werden müssten. Als weiteres Projekt nannte sie das Hauspatenmodell, welches der Runde Tisch auf Menschen aus Osteuropa übertragen wolle. 

Gr. Holthaus ist seit vielen Jahren in außerordentlichem Maße ehrenamtlich aktiv. Schon in ihrem Beruf als Lehrerin und Schulleiterin setzte sie sich besonders für die Einführung des muslimischen Religionsunterrichts und für die Umsetzung des Regionalen Integrationskonzeptes ein. Seit 2004 ist die Lohnerin Mitglied des Präventionsrates der Stadt Lohne. Im Arbeitskreis „Prävention durch Integration“ ist sie Initiatorin vieler Integrationsprojekte. So engagiert sie sich über die Stadtgrenze hinaus für die Integration von Flüchtlingen. Besonders am Herzen liegt ihr die Arbeit mit Frauen mit Migrations- und Fluchthintergrund. Sie versucht, bestehende Verhältnisse und Konventionen aufzubrechen und geflüchtete Frauen in Arbeit zu bringen.

Von 2007 bis 2019 war gr. Holthaus die Vorstandsvorsitzende der Lohner Initiative zur Förderung des Elementarbereichs – kurz Life. Auch heute noch setzt sie sich für gleiche Bildungschancen für alle Kinder ein. Bei der Einführung von Bildungsplänen für die niedersächsischen Kindertagesstätten sah sie eine große Chance, frühkindliche Bildung zu unterstützen und gleichzeitig die Eigeninitiative der Erzieherinnen bei eigenen Projektideen zu fördern.

Der pensionierten Grundschulrektorin ist darüber hinaus die Vernetzung und die direkte Zusammenarbeit der Kindertagesstätten auf der Projektebene wichtig. Jeder Kindergarten profitiert von den Projektergebnissen aller anderen Einrichtungen. Aber auch die Zusammenarbeit mit den Grundschulen ist für sie ein elementarer Bestandteil zur optimalen Unterstützung der Bildungsbiografie eines jeden Kindes. Während ihrer aktiven Zeit nahmen über 2000 Kinder an rund 80 Life-Projekten teil und konnten so für naturwissenschaftliche Zusammenhänge begeistert werden.

Seit Ende 2014 ist gr. Holthaus die Vorsitzende des 1992 gegründeten Runden Tisches für Integration und  Besonders hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang der Lohner Integrationspakt und das Hauspatenprojekt. Der Lohner Integrationspakt wurde im Jahr 2008 mit dem Ziel ins Leben gerufen, eine langfristig erfolgreiche Weiterentwicklung der Stadt und Gesellschaft in wechselseitiger Toleranz und Offenheit zu schaffen. Mehr als 70 Unternehmen, Vereine, Institutionen und 160 Einzelpersonen haben den Pakt inzwischen unterschrieben. 

Das Hauspatenprojekt ist zu Beginn der Flüchtlingskrise im Jahr 2015 entstanden. Engagierte Bürgerinnen und Bürger helfen Geflüchteten bei alltäglichen Fragen zu Schule, Sprachkursen, Freizeit und Berufsorientierung. Sie fungieren als Fürsprecher etwa bei der Arbeitssuche, da neben der Sprachbarriere immer auch Berührungsängste bestehen.

Der Vorschlag zur Ehrung kam übrigens von der Stadt Lohne. Bürgermeister Tobias Gerdesmeyer sagte auf Anfrage: „Ich freue mich sehr, dass das langjährige Engagement von Ulla gr. Holthaus mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wird. Die Auszeichnung würdigt ein Jahrzehnte langes ehrenamtliches Engagement in vielen Bereichen – vor allem mit dem Fokus auf Kinder und Jugendliche. (...) Ulla gr. Holthaus hat dafür gesorgt, dass die Menschen mit und ohne Migrationshintergrundmehr mit- als übereinander sprechen.“

Im Bild:
Sie ist eine Kämpferin für Integration: Ursula gr. Holthaus aus Lohne ist seit Ende 2014 die Vorsitzende des Runden Tisches für Integration und Völkerverständigung. In dieser Funktion leistet sie viel Netzwerkarbeit.
Foto: dpa / Assanimoghaddam